Der Storchenhorst in Linden-Pahlkrug im Jahre 2014
n Annahme des neuen Nestes –
n Das zweite Jahr in Folge verenden die Jungen
n Vergiftungstod der Jungen???
n Früheste Rückkehr in der 36-jährigen Geschichte des Horstes
Im November 2013 wurde der alte stattliche Horst, der schon einen Durchmesser von 2.70 m erreicht hatte, durch einen Nestneubau aus zwei Reisigringen mit einem Durchmesser von 1.60 m auf der vorhandenen Nestplattform ersetzt.
Erforderlich war diese arbeitsaufwendige Maßnahme weil etliche Dohlenpaare diverse
Nisthöhlen in das alte schon morsche Nistmaterial des Horstes getrieben hatten. Dadurch wurde das viele über das Haltepodest herausragende Nistmaterial instabil und eine recht große Menge—mehrere Schubkarren voll—stürzte herab.
Doch zunächst einmal ein Blick zurück::
Bei Arbeiten an der Lindener Dorfchronik stieß Joh. Hermann Junge auch auf einige Daten über Storchennester in Linden. In der Lindener Schulchronik ist dazu folgendes vermerkt.
1937 1 Nest mit Storchenpaar belegt. Im ganzen haben wir in Linden in diesem Jahr drei Storchennester mit Jungen gehabt.
1938 waren 4 Storchennester besetzt.
1950/1951 nur noch 1 Nest bei Herrn Dierks. Die übrigen Nester sind alle
entfernt worden.
Ob bei diesen Zahlen auch das Nest in Linden-Pahlkrug mit enthalten war, ist
aus den Chronikunterlagen leider nicht ersichtlich.
Die Storchensaison 2014 begann für unseren Horst, der seit 1979 besteht, so früh
wie noch nie zuvor. Am 15.02.2014 gegen 14.30 Uhr fliegt ein Storch zielstrebig
den Horst an, und dieser stattliche, schneeweiße Storch macht gleich einen sehr
vertrauten Eindruck. Er inspiziert den neuen Horst und werkelt auch gleich ein
bisschen mit dem Nistmaterial herum. Der markante Metallring mit Schlaufe
an seinem Bein oben rechts ist schnell zweifelsfrei abgelesen.
Das holländische Männchen NLA 4682 ist wohlbehalten wieder da.
Er wurde auch auf seinem Heimzug oder dem Durchzug am 21.01.2014 von Helmut Eggers, Lübtheen, auf einer Mülldeponie in der Nähe von Madrid abgelesen.
Das Männchen NLA 4682 war in der Brutsaison 2014 nachweislich mit drei verschiedenen Weibchen verpaart, und erst mit dem dritten Weibchen—unser unberingtes Weibchen— verbrachte er dann die Brutsaison vom 02.04.14 – bis zum Abflug am 24.08.2014.
Verpaarungen:
1.)
Vom 28-02.14 – 04.03.2014 in Glüsing mit dem dortigen Brutweibchen DEW 7X021, die als Erste am Glüsinger Horst eingetroffen war. Als ihr Vorjahrespartner, das Männchen DEW 9X934 am 04.03.2014 erscheint, muss NLA 46821 in Glüsing das Feld räumen.
Anschließend vom 05.03.14 – 08.03.14 hielt sich NLA 4682 überwiegend bei uns in Linden- Pahlkrug auf.
2.)Vom 08.03.14 – 01.04.14 ist NLA 4682 in Linden/Horst Juhl mit dem dortigen Weibchen DEW 1X716 verpaart. Hier vertrieb er den bisherigen unberingten Partner von DEW 1X716.
Schon eigenartig, dass NLA 4682 sich nun wieder mit seinem (altem!) Weibchen
verpaart, obwohl er dieses Weibchen doch in 2013 bei uns in Pahlkrug so vehement ablehnte und sie immer wieder vertrieb. Auch als 1X716 am 18.02.14 auf der Sirene unseres Nachbarhauses stand, ließ er sie letztendlich nicht zu sich auf den Horst.
In 2013 baute NLA 4682 in Pahlkrug so gut wie gar nichts, jetzt in Linden/Horst Juhl hatte ihn offensichtlich die Bauwut gepackt. Er trug unermüdlich Zweige ein und schon bald war dort ein beachtlicher Jahresring auf dem Horst erkennbar.
Das Geschehen nimmt aber ab 02.04.14 eine erneute bedeutende Wendung für die Horste in Linden/Juhl und bei uns in Pahlkrug.
NLA 4682 und sein (unfruchtbares!!) Weibchen DEW 1X716 werden schon in der Morgendänmmerung in schwere Kämpfe verwickelt.
Das Brutpaar in 2013 in Linden/Juhl trug keine Ringe. Das mehrere Jahre dort ansässige Männchen DEW 4X557 erschien 2013 nicht!! an seinem Brutplatz. Eine Nachfrage beim Beringer dieses Tieres, Georg Fiedler, ergab dann dass 4X557 in 2013 weder im Ausland noch in Deutschland zum Nachweis kam.
Ein neues unberingtes Männchen, vermutlich vom Horst in Hennstedt-Apeldör, trat an seine Stelle.
Groß war mein Erstaunen, als mir ein arg im Brustbereich verletzter Storch auf einem Acker zwischen Linden und Pahlkrug gemeldet wurde. Es war DEW 4X557 der wohl versucht hatte seinen angestammten Horst in Linden/Juhl wieder zu erobern.
Der Großkampftag am 02.04.14 ging aber noch weiter. Gegen 16.00 Uhr kämpften 3 Störche in der Luft über dem Lindener Kreisel ganz in der Nähe des Horstes Juhl, wobei einige Male auch die Federn nach den Luftkämpfen stoben. Auch bei uns in Pahlkrug sitzt nun ein Storch im Nest, dessen Identität aber nur kurze Zeit nicht klar ist.
Als ich am Futterplatz einige Eintagsküken auslege kommt der Storch sofort herunter und frisst ein wenig. Er (sie ) ist unberingt, es ist also unser langjähriges unberingtes Weibchen.
Dann gegen 18.00 Uhr am 02.04.14 wird mir der nächste schwer verletzte Storch auf einem Scheunendach der Aussiedlung Karl Heinz Köster gemeldet. Ich fuhr sofort hin und stellte fest, dass dort ein unberingter ebenfalls im Brustbereich verletzter Storch stand, der aus vielen Wunden erheblich blutete und ein jämmerliches Bild bot.
Hatte 4X557 bei den Kämpfen im Laufe des Tages etwa im Getümmel seinen Ring verloren???
Am Abend bis in die Dunkelheit hinein dauern die Känpfe beim Horst Linden/Juhl an. Gegen 23.00 Uhr hält NLA 4682 aber dort noch die Stellung. Am folgenden Morgen klärt sich dann alles.
In Linden/Juhl bilden ab 03.04.14 DEW 4X557 und DEW 1X716 ein Paar .NLA 4682
wurde vertrieben und siedelte nach Linden Pahlkrug zurück.
Der schwer verletzte unberingte siedelt sich wieder in Hennstedt Apeldör an.
Das Kampfgeschehen in Linden/Juhl erklärt sich wohl wohl damit, dass morgens
das ursprunglich ansässige Männchen 4X557 kämpfte und gegen Abend dann das unberingte Männchen welches dort in 2013 ansässig war.
Bei den Kämpfen in Linden/Juhl wurden große Mengen Reisig, die NLA 4682 aufgebaut
hatte komplett abgeworfen.
Auch nach seiner Rückkehr nach Linden-Pahlkrug setzt NLA 4682 seine starke Bautätigkeit --ganz im Gegensatz zu 2013 wo er kaum baute—weiter fort.
Schon ab 08.04.14 ist auf dem neuen Horst in Pahlkrug ein deutlicher neuer Jahresring erkennbar, das neue Nest sieht schon recht so nach „altem bebauten“ Horst aus.
Der weitere Brutverlauf ungestört, und am 18.05.14 kann ich die erste Fütterung der Jungstörche feststellen.
Am 23.05.14 eine merkwürdige Beobachtung. NLA 4682 verschlingt offensichtlich
ein totes Storchenküken-etwa doppelt so groß wie ein Maulwurf—das schon auf dem Nestrand gelegen haben muß. Es werden noch zwei weitere große Brocken etwa in
Maulwurfsgröße verschlungen, die ebenfalls schon auf dem Nestrand lagen.
Ob das auch Storchenküken waren, kann ich nicht zweifelsfrei sagen, da es doch schon ziemlich dämmerig war. Aber das Dritte schon etwas größere Objekt war einwandfrei als toter Jungstorch erkennbar.
Am 25.05.14 sehe ich das erste Mal einen Jungstorch, der schon schnabelklappernd den Kopf zurücklegt, und einen guten Eindruck macht.
Am 29.05.14 muss der aber auch schon verendet sein, denn bei der Ablösung der Altstörche erfolgt keine Fütterung mehr.
Am 05.06.14 liegt ein unbefruchtetes Ei unter dem Horst. Ein kleiner Jungstorch hängt vertrocknet außen am Nestrand im Geäst. Das Paar brütet aber immer noch weiter.
Am 21.07.14 finde ich 2 weitere Eier unter dem Horst.
Das Vollgelege dürfte also mindestens 5 Eier eventuell sogar 7 Eier betragen haben.
Nämlich wie folgt:
am 23.05.14 ein totes Junges verschlungen (möglicherweise sogar drei?)
am 05.06.14 ein unbefruchtetes Ei unter dem Horst
am 05.06.14 ein Jungstorch tot im Geäst des Nestrandes
am 21.07.14 zwei unbefruchtete Eier unter dem Horst
Auch diverse Besuchsstörche waren einige Male auf unserem Horst bzw. in Horstnähe.
Am 18.2.14 1X716 auf der Sirene des Nachbarhauses, ca. 50 Meter vom Horst entfernt.
Am 27.02.14 ein Fremdstorch im Nest, der sofort rausgeworfen wird. Dabei leider keine Beringung erkannt.
Am 03.03.14 Angriff durch einen Elsa beringten Storch auf NLA 4682
Am 09.03.14 übernachtet hier ein Unberingter
Am 15.03.14 um 13.00 Uhr ein HB 1 unberingt, um 16.00 Uhr HB 2 Ringe wurden nicht
erkannt.
Am 19.03.14 HB 2 unberingt ??
Am 22.03.14 9X459 (wird später neues Brutmännchen in Delve)
Am 27.03.14 3X934 das Brutmännchen aus Glüsing auf Kurzvisite
Am 03.04.14 ein unberingter sehr schmutziger Storch auf der Sirene des Nachbarhauses. Der versucht nur einmal ins Nest zu gelangen, aber unser Weibchen wehrt ihn sofort ab.
Am 09.06.14 3X925 und 5X068 auf der Sirene des Nachbarhauses, einmal sogar auf unserem Holzschuppen nur 10 Meter vom Horstmast entfernt.
Am 01.07.14 9X456 im Horst, mit Heu in der Nestmitte am rumpacken.
Am 02.07.14 HB 1 unberingt
Am 13.07.14 2 Nilgänse, mit Händeklatschen vertrieben.
Am 17.07.14 2 Nilgänse, erneut mit Händeklatschen vertrieben.
Nun schon das zweite Jahr in Folge verenden in Pahlkrug die ca. 10- 14 Tage alten Jungstörche. Das gleiche ärgerliche und bedauerliche Phänomen war auch schon in 2013 zu verzeichnen. Betroffen waren folgende Horste :
2013: Linden-Pahlkrug und Süderheistedt
2014: Linden-Pahlkrug, Glüsing, Hennstedt-Apeldör
Der Blick auf die Landkarte offenbart es und muss einem zu Denken geben.
Alle 5 Horste mit toten Jungstörchen liegen in einem Radius von 5 Kilometern um
Linden herum.
Über die Ursache/n kann man z.Zt. nur vage Vermutungen anstellen. Einige mögliche
Ursache stelle ich deshalb einmal zur Diskussion vor:
Vergiftung der Jungstörche durch die ebenfalls vergifteten Nahrungstiere. In allen Fällen verendeten die Jungen gegen Ende Mai/Anfang Juni in einem Alter von ca. 14 Tagen.
Zu der Zeit war der erste Silageschnitt schon weitgehend geborgen und das Grünland wurde bereits wieder begüllt (zuviel Menge auf die Flächen ??)
Werden durch die Gülleausbringung Nahrungstiere vergiftet und wenn ja durch welche Giftstoffe.??
2.) Nachweislich fliegen auch Störche einen Golfplatz zur Nahrungssuche an. Wäre es
möglich, das dort bei der Pflege der Greens Mittel ausgebracht werden, z.B. gegen Tibula Larven die dann vergiftet von den Altstörchen aufgenommen werden.
Daß die Störche den Golfplatz häufig aufsuchten stellte ein Mitarbeiter der GfN (Gesellschaft für Naturschutz, Kiel) fest. Für ein Gutachten wegen einer Windkraftanlage wurde der Horst in Hennstedt-Apeldör einen Monat lang täglich 12 Stunden überwacht und alle Nahrungsflüge dokumentiert. Die Untersuchung eines noch keine 24 Stunden toten Storchenkükens des Horstes in Hennstedt-Apeldör in einem toxikologischen Labor in Göttingen konnte keine!! Giftstoffe nachweisen. Das Gutachten liegt mir vor.
3.)Bei der Einbringung von gehäckseltem Gras in eine Biogas Anlage kommen laut Aussage der Jägerschaft auch alle toten Tiere von der Schnecke über Mäuse, Maulwürfe, Hasen oder Rehwild etc. jede Menge tierische Stoffe mit in die Anlage. Diese Stoffe bilden wohl das Leichengift Botolinum toxin. Die wieder ausgebrachten Gärrückstände werden noch dampfend aufs Grünland aussgebracht, sie könnten ggf. die Nahrungstiere vergiften.
Hoffen wir alle, dass es in 2015 nicht schon wieder zu solchen bedauerlichen Verlusten (Vergiftungen??) in diesem eng begrenzten Radius um die genannten Horste kommt, bzw. dass man einmal aufklären kann, wodurch das rätselhafte Sterben der Storchenküken verursacht wird.
Erstellt am 04.11.2014
Rolf Zietz
Ehrenamtlicher Gebietsbetreuer der
NABU Arbeitsgemeinschaft Storchenschutz
in Schleswig-Holstein