Dithmarschen Nord 2022
--- Der Weißstorchbestand ist mit 25 Horstpaaren gleich hoch wie in 2021 geblieben---
--- 33 Jungstörche wurden flügge, und 31 Jungstörche begannen die Reise ins Winterquartier-
---- Aber auch 15 tote Jungstörche sind zu beklagen, wobei die Todesursache unklar ist.---
--- Dadurch blieben 9 Paare ohne Nachwuchs, zwei weitere Paare brachen die Brut ab---
--- Rettung und Erhalt eines Traditionsnistplatzes nach dem Orkan Zeynab---
-------------------------------------------------------------------------------------------
Jedes Jahr im Zeitraum vom 25.August bis ca. 10.September geht auch in Dithmarschen die Brutsaison der Weißstörche zu Ende.
Ganz storchenspezifisch sind die erbrüteten Jungstörche dann schon bis ca. 15.August ---ohne
Führung durch die Altvögel--- zu ihrem ersten Flug ins südliche Winterquartier aufgebrochen.
Während die Altvögel sich noch einige Tage von der anstrengenden Jungenaufzucht erholen, und dann wie erwähnt ab ca. 25.August bis 10.September ebenfalls zu der mehrere Tausend
Kilometer langen Tour starten.
Zeit also für die ehrenamtlich tätigen Gebietsbetreuer (Storchenväter) der Arbeitsgemeinschaft Storchenschutz im NABU Schleswig-Holstein einmal die Bilanz und Besonderheiten aus den jeweiligen Betreuungsgebieten vorzustellen.
Für das Gebiet nördlich der Bundesstraße 203 bis zur Eider im Norden kann der Betreuer
Rolf Zietz, aus Linden-Pahlkrug, die erfreuliche Feststellung treffen, das nach dem bisherigen Höchststand von 25 Brutpaaren in 2021 auch nun in 2022 wieder 25 Paare vorhanden waren, und sich auch noch zusätzlich zwei Einzelstörche die keinen Partner hatten, in Dithmarschen Nord aufhielten.
Dabei kam es in Hövede und Schalkholz-Krim sogar zu zwei Neuansiedlungen.
Während in Schalkholz-Krim beide Jungstörche verendeten, konnte das Paar in Hövede noch
einen Jungstorch aufziehen. Es ist in Hövede der erste Bruterfolg seit 1967 !!!!
Bei der Kontrolle des Neuansiedlerpaares wurde dann an Hand der Ringnummer festgestellt, dass das Männchen in diesem Jahr schon zunächst auf dem Horst in Dellstedt-Rethbucht mit einem unberingtem Weibchen verpaart war und dort schon seit wenigen Tagen auch schon ein
Gelege bebrütete. Schon in 2021 unternahm er auf dem dortigen Horst einen Ansiedlungsversuch. Doch der Horst in Rethbucht wird von einem Oststorch beansprucht, und genau wie im Vorjahr so kam es auch diesmal zu sehr heftigen Kämpfen und die Neusiedler (Weststörche) mussten das Feld räumen.
Das vertriebene Paar wählte dann den neuen Neststandort in Hövede, zeitigte nach langer Zeit
doch noch ein Nachgelege und für das Männchen mit der Ringnummer DEW 8T007 war es in diesem Jahr nachweislich sein erster Bruterfolg.
Für einiges Schmunzeln sorgte dann die Auskunft des Ringablesers, als dieser dem Höveder Bürgermeister erklärte das ““ James Bond““ in Hövede sei, das erklärte sich dann jedoch aus der Ringnummer 007.
Keinem einzigen Horstpaar im nördlichen Dithmarschen gelang in 2022 die Aufzucht einer Viererbrut.
Zwar waren im kameraüberwachten Horst in Pahlen/Schwimmbad zunächst 4 Küken vorhanden, doch zwei verendeten eines Tages. Die gut faustgroßen verendeten Nestlinge wurden von den Altstörchen jedoch nicht über den Nestrand hinausgeworfen, obwohl das von der Größe und dem Gewicht her durchaus noch möglich wäre—stattdessen dokumentierte die
Nestkamera hier den Fall von Kronismus , d. h. das der Altvogel das tote Jungtier selbst als
Nahrungsbrocken ansah und verschlang.
Kronismus, das töten oder verschlingen des eigenen Nachwuchses kommt nicht nur in der Vogelwelt vor,sondern ist auch für Säugetiere z.B. bei Kaninchen oder Schweinen wissenschaftlich belegt.
Für 2023 ist in Dellstedt/Westerstr. auch die Installation einer Nestkamera vorgesehen. An sich war die Kamera schon für die Brutsaison 2022 vorgesehen, doch einige Bauteile konnten
nicht rechtzeitig geliefert werden. Die Brut war schon zu weit fortgeschritten und aus Schutzgründen wurde die Durchführung des Objektes –Nestkamera--- richtigerweise auf
das Frühjahr 2023 verschoben.
Lohn für die richtige Entscheidung war dann, das das Paar in Dellstedt/Westerstr. 3 prächtige
Jungstörche aufziehen konnte, nicht zuletzt auch durch das umsichtige Handeln im Zusammenhang mit der geplanten Nestkamera, die die künftigen Bilder in den nahen Kindergarten übertragen soll.
Wohnungsnot für Adebar besteht im nördlichen Dithmarschen überhaupt nicht. Den Störchen stehen an die 70 besiedlungsfähige Horstangebote zur Verfügung. Durch Privatinitiativen wurden aber auch in diesem Jahr wieder 7 neue Horstangebote geschaffen, so in Dörpling,
Dörpling-Hohenlieth, Hennstedt,Wesseln/Gemeinde, Wesseln/Dedert und in Wiemerstedt/Göttsche. Wobei in Hennstedt mittels eines sogenannten Dachreiters ein Nest auf einem Wohnhaus angebracht wurde.
In Wiemerstedt versuchte ein Paar einen Nestbau in der Astgabel einer gekappten Silberpappel. Dort wurde in einer Spontanaktion auf einer Palette noch eine Nisthilfe gebaut, doch nach einigem hin und her seitens der Störche wurde das Angebot letztlich doch nicht fest
angenommen.
Das neu errichtete Mastnest in Döpling-Hohenlieth wurde zunächst von Nilgänsen besiedelt,
die auf dem Mastnest auch Junge ausbrüteten. Als die Nilgansküken das Nest verlassen hatten, siedelte sich dort ein Storch an. Bei der Ringkontrolle stellte sich dann heraus, dass es sich um den inzwischen ca.20-jährigen bekannten Senderstorch “Gustav“ handelte, der mehrere Jahre in Pahlen gebrütet hatte, schließlich dort vertrieben wurde und danach einige Jahre in Tielen mit einer neuen Partnerin brütete. Gustav wurde im Jahre 2010 als ca. 4 oder
fünfjähriger Altstorch eingefangen und mit einem Sender ausgestattet.
Sein Überwinterungsgebiet liegt im Sudan, Dafur, Südsudan und der Tschad-See Region.
In diesem Jahr war sein Horst in Tielen schon von einem Fremdpaar belegt. Gustav gelang es nicht den Horst zurück zu erobern, und in der Folge gelang es ihm auch nirgends eine Partnerin zu finden. So streifte er also solo durch die Lande, hauptsächlich im Raum Erfde,
Schwabstedt, Hude, und Bergenhusen. Nun kam er nach Dithmarschen zurück und verweilte oft wechseln zwischen den Horsten Hohenlieth/Modrow und Hohenlieth/Voss.
Ab Ende Juli hatte er sich dann wieder mit seiner Vorjahrespartnerin aus Tielen verpaart und war dann sehr oft auf dem Horst in Hohenlieth/Voss anzutreffen.
Ein Jungstorch aus Hennstedt-Hochfeld verunglückte in den ersten Tagen nach dem Flüggewerden an einer Windmühle des Bürgerwindparks bei der Biogasanlage im Lindenerkoog, als er dort von einem Rotorblatt am Kopf getroffen wurde und tot direkt unter
dem Windmühlenmast aufgefunden wurde.
Ein Jungstorch aus Heide-Süderholm beendete seinen Erstflug als ausgesprochener Bruchpilot. Er landete in einem Garten in unmittelbarer Nestnähe. Er konnte – offensichtlich
unverletzt – eingefangen werden, und wurde der Wildtierhilfe in Fiel zur weiteren Pflege
übergeben.
In Barkenholm erschien das Brutmännchen des Vorjahres recht früh, verpaarte sich aber nach wenigen Tagen mit dem Weibchen im benachbarten Süderheistedt. In der Folge verwaiste der Horst in Barkenholm, wurde jedoch fleißig von Störchen einzeln und auch paarweise aufgesucht. Es wurden dort 7 verschiedene Ringstörche festgestellt,doch keiner blieb dauerhaft da.
Große Aufregung auch um den Traditionshorst in Linden-Pahlkrug. Schon am 4 und 5 Februar hatte das Paar seinen Bruthorst wieder bezogen. Doch dann brauste in der Nacht vom
18 auf den 19 Februar der Orkan Zeynab mit ungeheurer Gewalt übers Land und richtete
zum Teil große Schäden an.
Eine mächtige ca. 200 jährige und über 30 Meter hohe Silberpappel stürzte auf den Betonmast mit dem Storchenhorst, drückte den Mast fast gänzlich aus der Erde und der mächtige Storchenhorst lag komplett zerstört in der Hauskoppel, selbst die massiven Stützbeschläge waren verbogen. Es fanden sich viele schwarze und weiße Federn in dem zerstörtem Astgewirr der umfangreichen Krone. Doch es stellte sich sehr bald heraus, das dem Paar den um Mitternacht entwurzelten und umstürzenden Pappelbaum Vorfall unverletzt
überlebt hatte.
Eiligst wurde ein großer Kettenbagger bei der Firma Johannes Heim in St. Annen-Österfeld bestellt. Und noch am Folgetag nach dem Orkan --einem Samstag—mit etlichen Helfern,
die sofort zur Stelle waren, wurde der Mast geborgen und ca. 25 m vom alten Standort entfernt wieder aufgestellt. Die Arbeiten begannen gegen 9.30 Uhr und um 15.00 Uhr stand der neue Horst schon bezugsfertig da. Das Brutpaar hielt sich während der stundenlangen Bauarbeiten ca.200 m entfernt in einer Weide auf, wo es an einem großen Regenwassertümpel offenbar eine gute Nahrungsquelle gefunden hatte.
Als es um nach 15.00Uhr etwas ruhiger an der Horstbaustelle geworden war, stand das Paar
schon auf dem neuen Horst und inspizierte sein neues Domizil.
Die Rettungsaktion für den Storchenstandort Linden-Pahlkrug, der seit 1979 durchgängig besetzt ist war damit ein voller Erfolg, der Brutplatz konnte durch das schnelle Handeln erhalten werden.
NLA 4682 diese Ringnummer trägt der männliche Brutstorch in Linden-Pahlkrug. Er ist nun
bereits 22 Jahre alt und damit der Storchenmethusalem/ ältester Storch in Norderdithmarschen.
Von den 33 Jungstörchen dieses Jahrgangs konnten Dank des Einsatzes von Jochen Schröder,
Großenrade, Gebietsbetreuer für Dithmarschen Süd, und des Hubsteigers von Frank Zyweck, aus Vaale, 29 Jungstörche mit Kennringen der Vogelwarte Helgoland versehen werden.
Die Beringung in Linden-Pahlkrug unterstützte wiederrum die Zimmerreifirma Sönke Schallhorn aus Kleve. Da die Horste in Schalkholz und Wallen den Einsatz eines Hubsteigers mit größerer Reichweite erforderlich machten, erklärte sich der Dachdeckermeister Thorsten Eggers, Barkenholm, spontan bereit mit seinem neuen Hubsteiger, der über eine Reichweite von mehr als 28 Metern verfügt, die Beringungen durchzuführen.
Bei der Anfahrt nach Wallen, der dortige Mast ist 16 m hoch, wäre es beinahe zu einem sehr
großen Sachschaden gekommen. Das 7,5 Tonnen schwere Hubfahrzeug geriet auf die weiche
Bankette und kam erheblich in Schieflage. Der Einsatz eines Bergekrans war erforderlich, doch gottlob gelang es der Bergefirma in relativ kurzer Zeit den Hubsteiger, ohne das dieser beschädigt wurde,zu bergen. Das ganze Geschehen hätte bei etwas Pech mit Sicherheit eine
große Schadenssumme verursacht. Aufatmen--- noch mal alles glimpflich verlaufen.
----------------------------------------------------------------------------------------------
Allen Mithelfern und Firmen bei den zahlreichen Beringungsaktionen möchte ich an dieser
Stelle meinen besonderen Dank aussprechen.
Das sind vor allem Jochen Schröder, Großenrade, Frank Zyweck, Vaale, Ingo Schallhorn, Hennstedt, der Zimmerei Sönke Schallhorn, Kleve, und der Dachdeckermeister Thorsten Eggers, Barkenholm.
--------------------------------------------------------------------------------------------Von einem Jungstorch aus Linden-Pahlkrug liegt auch bereits ein Nachweis vor. Der Jungstorch mit der Ringnummer DEW 3V865 brach zu seinem ersten Zug am 06.08.2022
auf, und schon am 11.08.2022 wurde er in den Niederlanden,in Elsenburg ein Ort in Noord
Brabant, an seinem Ring erkannt. Bis dort hin hatte er also in 6 Tagen 370 km zurückgelegt,
durchschnittlich also rund 61,67 km täglich.
Bestandszahlen für die Jahre 2020 – 2022
------------------------------------------------------------------------------------------------
2022 2021 2020
Horstpaare allgemein/ Hpa 25 25 20
Horstpaare mit Jungen/Hpm 15 17 13
Horstpaare ohne Jungen/Hpo 10 8 7
Jungenzahl/ Gesamt / Jzg 33 31 29
Einzelstörche/ HE 2 (Tellingstedt Pappelstumpf und „Gustav“, in
Hohenlieth/Mastnest bei Modrow)
-----------------------------------------------------------------------------------------------Liste der Bruthorste
Ort flügger Jungstörche tote Jungstörche Besonderheiten
1.Dellstedt Westerstr. 3 2 Oststörche
2.Dellstedt/Rethbucht 0
3.Fedderingen II 1 Spätbrut 4.Glüsing 0 Gelegeverlust
5.Heide-Süderholm 2
6.Hennstedt-Apeldör 3
7.Hennstedt-Hochfeld 3
8.Hollingstedt 3
9. Lehe 0 1
10.Linden-Pahlkrug 3
11.Linden/Dorf 0 2
12. Pahlen 2 2
13.Schalkholz/Dorf 1
14.Schalkholz-Krim 0 2
15.Stelle-Wittenwurth 0 2
16.Süderheistedt 3
17.Tellingstedt 3
18.Wallen 2
19.Weddingstedt 1
20.Wrohm-Neuenfähre 0 2
21. Delve 2
22.Kleve 0 Brutabbruch
23. Hövede 1 Neuansiedlung
24. Wiemerstedt 1
25.St.Annen-Österfeld 0 1
Gesamt 33 15
Hpa 25, Hpm 15,Hpo 10, Jzg 33
Zusammengestellt und Artikel geschrieben am 27.08.2022—während einer Corona Quarantäne von:
Gebietsbetreuer : Rolf Zietz, Pahlkrug 15, 25791 Linden,
Telefon 04836/549
E-Mail: rolf.zietz1@gmx.de